Im Interview mit Dr. Birgit Schauerte: "Beratung aus einer Hand"

Als Teamleiterin des Bereichs Forschung & Entwicklung am Institut für Betriebliche Gesundheitsförderung entwickelt Frau Dr. Schauerte innovative Ansätze für das Betriebliche Gesundheitsmanagement. Zwei Fragen beschäftigen sie dabei besonders: Welche Bedarfe haben Betriebe rund um Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) und wie können sie unterstützt werden? Vor diesem Hintergrund hat die promovierte Sportwissenschaftlerin ein Konzept für die BGM-Betreuung von Kleinstunternehmen in Betriebsnachbarschaft entwickelt. Zurzeit arbeitet sie an einem Pilotprojekt zur Umsetzung einer berater- und trägerübergreifenden Zusammenarbeit. Wie sie zu ihrem Beruf gekommen ist, was sie sich unter regionaler Netzwerkarbeit vorstellt und wie sie umgesetzt werden kann, darüber hat sie mit uns gesprochen.
Frau Dr. Schauerte, können Sie ein paar Worte dazu sagen, wie Sie zum Thema Gesundheitsförderung gekommen sind?
Ich bin von Hause aus Krankenschwester, anschließend habe ich Sportwissenschaften mit dem Schwerpunkt Prävention und Rehabilitation studiert – mit dem Ziel, künftig zu verhindern, dass Menschen aufgrund von hohen Arbeitsbelastungen krank werden oder aus dem Beruf ausscheiden.
Worum geht es Ihrer Meinung nach in der Netzwerkarbeit? Wo liegen die Vorteile?
Im Kern schafft die träger- und beraterübergreifende Zusammenarbeit in einem regionalen Netzwerk die Bündelung von Beratungskompetenzen. Die Krankenkasse beispielsweise ist damit beauftragt, gesunde Arbeitsbedingungen zu gestalten und die Beschäftigten für einen gesunden Lebens- und Arbeitsstil zu sensibilisieren. Die Aufträge der Berufsgenossenschaften wiederum liegen im Bereich Arbeits- und Gesundheitsschutz, unter anderem mit dem Schwerpunkt Gefährdungsbeurteilung. Auch die Rentenversicherung hat umfassende Präventionsangebote, die Beschäftigte befähigen, einen gesunden Lebens- und Arbeitsstil umzusetzen.
Die gesetzlichen Präventionsaufträge der Sozialversicherungsträger greifen ineinandergreifen und wir können in der BGM-Beratung von Unternehmen gut aufeinander verweisen – vorausgesetzt man kennt sich vor Ort. Das ist die Idee hinter dem Pilotprojekt: ein Netzwerk im Rheinisch-Bergischen Kreis, das Beratungskompetenzen bündelt und persönlichen Kontakt schafft. Bei unserem Netzwerk sind zum Beispiel auch zwei Wirtschaftsförderungen an Bord, die weitere Partner – unter anderem die Bundesagentur für Arbeit (BA), die IHK und die HWK – für die Netzwerkarbeit überzeugt haben. Somit haben wir auch Akteure hinzugewonnen, die sich mit der Qualifizierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und mit dem Thema Fachkräftesicherung beschäftigt. Wenn mich in der Beratung ein Betrieb fragt, wie neue Fachkräfte gewonnen werden können, kann ich zum Beispiel an eine konkrete Person aus der Bundesagentur für Arbeit verweisen, die in meinem Netzwerk ist. Es geht darum, Brücken zu bauen und den entsprechenden Partner ins Boot zu holen: Beratung aus einer Hand sozusagen.
Was waren beim Aufbau Ihres regionalen Netzwerks die ersten Schritte?
Die Wirtschaftsförderungen haben uns die Türen zu den anderen regionalen Unternehmensorganisationen (BA, IHK, HWK) aufgemacht. Wir konnten die Vertreter der Sozialversicherungen (BGN, DRV und Krankenkassen) überzeugen, am Netzwerk mitzuwirken. Als erstes gab es einen Kick-off-Workshop mit allen Partnern. Hier ging es darum herauszuarbeiten, was die jeweiligen Beratungsschwerpunkte und Angebote der Einzelnen sind. Wir konnten uns persönlich kennenlernen und wissen nun, wer was macht. Das Ziel ist, dass sich ein festes Netzwerk in der Region etabliert. Damit ich bei einem Anliegen, das nicht zu meinem Beratungsschwerpunkt gehört, die entsprechende Person aus meinem Netzwerk ansprechen kann. Wenn alle Partner so agieren, dann ist das ein großer Mehrwert und alle fungieren als Lotsen im Sinne der Betriebe.
Der nächste konkrete Schritt ist, dass wir gemeinsam eine Veranstaltung für Klein- und Kleinstunternehmen durchführen, bei der wir uns als starkes Team für Unternehmen rund um BGM und darüber hinaus vorstellen. Was wir für die Betriebe der Region leisten, soll auf der Veranstaltung durch Workshops, in denen jedes Unternehmen die Beratungsleistung live erleben kann, deutlich werden. Hinter all diesen Bestrebungen steckt immer die Leitfrage: Wie erreichen wir Kleinst- und Kleinunternehmen mit dem Thema BGM? Wir möchten uns als starkes Konsortium darstellen, gemeinsam für die Unternehmen unterstützend wirksam werden und das auch noch kostenneutral tun – denn wir agieren im Kontext unserer gesetzlichen Aufträge.